Heidenheimer Chronik 1915

     

Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | Oktober | November | Dezember


Januar 1915

7. 1.
Zum Vorsitzenden des Gewerbegerichts wird für 3 Jahre Oberbürgermeister Jaekle gewählt.

8. 1.
Diejenigen Gebäudebesitzer, welche noch keinen Gas- oder Elektrizitätsanschluß haben, werden gebeten, wegen dem Ausbleiben von Petroleum, an die städt. Werke anzuschließen.
Öffentlicher Aufruf an die Bevölkerung, für die Unterstützung bedürftiger Familien Ausmarschierter Gaben zu bringen. Eingegangene Monatsgaben seit 8. 12. 1914 bei den verschiedenen Sammelstellen 1 754 Mark.

16. 1.
Eine große Sendung Wäsche und Kleidungsstücke wurde nach Königsberg geschickt.

20. 1.
Der Gustav-Adolf-Frauenverein hält im Vereinshaus sein Jahresfest ab.
Wollreste-Sammlung ergab in unserer Stadt 2 400 Mark, das Geld erhält das Rote Kreuz.

23. 1.
Karl-Jakob Moes, Armenhausvater, wurde das Feuerwehrverdienstehrenzeichen verliehen.

26. 1.
Die Bevölkerung wird aufgefordert, ihre Häuser am 27. 1. anläßlich des Geburtstages des Kaisers zu beflaggen.

29. 1.
Die Hecht-Waldhorn-Brauerei hat sich bereit erklärt, den täglichen Bedarf an Bier in beide Lazarette für die Dauer von 2 Monaten kostenlos zu liefern.

30. 1.
Für die Jugendwehren des Oberamtsbezirks ist Oberamtmann Dr. Springer als Bezirksvorsitzender, Prof. Dr. Hertlein als stellv. Bezirksvorsitzender bestellt worden.
Die Beschäftigung von Arbeitern in Bäckereien an Sonn- und Festtagen ist bis 12 Uhr mittags gestattet. Jedem Arbeiter ist jedoch mindestens an jedem 3. Sonntag die zum Besuch des Gottesdienstes erforderliche freie Zeit zu geben.

Februar 1915

3. 2.
Zur Durchführung der Bundesratsverordnung über die Regelung des Verkehrs mit Brotgetreide und Mehl wird ein Ausschuß bestellt unter Vorsitz von Oberbürgermeister Jaekle. Dieser Ausschuß wird die Austeilung von Mehl und Brot an die Bevölkerung regeln. Gedacht ist an die Ausgabe von Mehlkarten.

6. 2.
Nach einer Bundesratsverordnung darf Weizenbrot nur in Stücken von 50 und 100 g hergestellt werden. 1 kg Schwarzbrot kostet 36 Pf, die Wecken kosten 50 g schwer 4 Pf, 100 g schwer 8 Pf.

8. 2.
Lt. Bundesratsverordnung sind sämtliche süßen Backwaren und Kuchenbereitungen verboten.

11. 2.
Geheimer Kommerzienrat Jean Andreae-Passavant, Frankfurt/Main, gestorben. 34 Jahre gehörte er dem Aufsichtsrat der WCM an, seit 1904 stand er an der Spitze.
Landtagsabgeordneter Joh. Fischer spricht über "Das deutsche Volk und sein Krieg" in den Radsälen.
In der Gemeinderatssitzung werden die Bestellungen an Lebensmitteln der Stadt bekanntgegeben:
200 Ztr.   Reis     1 Faß   Ochsenfleisch
100 Ztr.   Graupen     80 Ztr.   geräucherter Speck
20 Ztr.   westf. Plockwurst     100 Ztr.   Kunstspeisefett
500 Dosen   Hausmacher Rotwurst     10 Dosen   Rollschinken
1 Faß   Schweinefleisch     20 Ztr.   geräucherter Schinken
für zus. 30 000 M. Über die Abgabe der Nahrungsmittel an die Einwohnerschaft wird später beraten. Am 10. und 11. März erstmalige Ausgabe von Brot- und Mehlkarten.

12. 2.
Frau Elly Heuss-Knapp aus Heilbronn spricht in den Radsälen über "Ernährungsfragen im Krieg".

13. 2.
Bis jetzt hat die Stadt 100 Gefallene zu beklagen, in Schnaitheim und Aufhausen sind es etwa 40 Gefallene.
Direktor Priem bei der Firma J. M. Voith feiert sein 25jähriges Geschäftsjubiläum.

14. 2.
Der Landwirtsch. Bezirksverein beschließt, wegen des Krieges und der Maul- und Klauenseuche keine Prämiierungen in diesem Jahre abzuhalten.

16. 2.
Johannes Straub, Stadtpfleger a. D., gestorben. Er eröffnete hier 1856 ein eigenes Tuchgeschäft. Am 1. 1. 1865 wurde er Teilhaber der alten Chr. Veilschen Tuchfabrik.
1880 verlegte er sein Geschäft in die Hauptstraße (früher Spezereihandlung Stahl).
1892 übergab er das Geschäft seinem Sohn. Joh. Straub war 15 Jahre Gemeinderat, von 1884 bis 1900 Stadtpfleger.

17. 2.
Hindenburgs Sieg in den Masuren wurde gefeiert, die Kinder bekamen schulfrei.

22. 2.
Ein Lazarettzug mit 72 Verwundeten trifft ein. Die beiden Lazarette, Bezirkskrankenhaus und Konzerthaus, nehmen die Verletzten auf.

23. 2.
Für das Rote Kreuz wurden an Pelzwaren 291 Muffe gegeben.

25. 2.
Zum Geburtsfest des Königs findet um 1/2 10 Uhr ein Festgottesdienst in der ev. und in der kath. Kirche statt.

26. 2.
Zum Geburtstag des Königs hat Oberbürgermeister Jaekle die Glückwünsche der Stadt telegrafisch übermittelt. Daraufhin kam am 25. 2. abends folgendes Antwort-Telegramm: Seine Majestät der König läßt für die Glückwünsche der Bürgerschaft der Stadt Heidenheim gnädigst danken.

März 1915

7. 3.
Bürgerversammlung in Schnaitheim im "Schwanen". Besprechung in Lebensmittelfragen.

22. 3.
Eine Beratungsstelle für Fragen der Ernährung, des Haushalts, der Kinderpflege, des Gartenbaues wird in der Frauenarbeitsschule eingerichtet.

23. 3.
Landeswasserversorgung: Dieser Tage wurde der Stollen durch den Kelzberg in Schnaitheim durchgeschlagen, Länge 198 Meter.

27. 3.
Für eine 120tägige Versorgungsperiode braucht die Stadt täglich 35,56 Doppelzentner Mehl.
Das Einsammeln von Gold durch die Schüler des Realgymnasiums und der Oberrealschule ergab 46 380 Mark.

29. 3.
50jähriges Jubiläum der Gewerbebank Heidenheim.

31. 3.
Zum 100. Geburtstag von Fürst Bismarck findet in der Realschule eine Festrede von Herrn Prof. Schnapper statt: "Bismarcks auswärtige Politik von 1871 bis 1890".

April 1915

1. 4.
Aufruf zu einer Bismarck-Gedächtnisgabe für die Truppen anläßlich des 100. Geburtstages von Bismarck.

8. 4.
Wirtschafts-Eröffnung der renovierten "Krone".

8. 4. - 10. 5.
Es wurden die diesjährigen Gesellenprüfungen abgehalten. 176 Lehrlinge bekamen den Gesellenbrief, darunter sind:
34 Maschinenschlosser und Mechaniker 23 Bau-, Möbel- und Modellschreiner
14 Bäcker 12 Zimmerer
10 Schmiede 10 Schneider
9 Bauschlosser 9 Maler
8 Maurer 8 Metzger
7 Eisendreher 5 Eisengießer
4 Flaschner 4 Friseure
3 Schuhmacher 3 Metalldreher
2 Metallgießer 2 Glaser
2 Wagner 1 Bierbrauer
1 Konditor 1 Küfer
1 Terrazzoleger 1 Uhrmacher
2 Damenschneiderinnen    
 
10. 4.
Konfirmation in der Pauluskirche: 70 Knaben   93 Mädchen
II. Konfirmation in der Pauluskirche: 47 Knaben   55 Mädchen
Schnaitheim: 57 Knaben   55 Mädchen
Kath. Kommunion: 62 Knaben   72 Mädchen
Als Höchstpreis für das 1 280 g schwere Einheistbrot ist 46 Pf festgesetzt worden.

15. 4.
66 Verwundete kommen wieder in die hiesigen Lazarette, insgesamt sind jetzt 143 Verwundete hier.

Mai 1915

11. 5.
Vom Roten Kreuz ist eine Bezirkssammelstelle errichtet worden. Hauptsammelstelle für Liebesgaben: Württembergische Cattunmanufactur Heidenheim.

Juni 1915

2. 6.
Morgens um 3 Uhr 35 Minuten wurde in Heidenheim ein Erdbeben verspürt, mehrere heftige Stöße wurden vernommen.

10. 6.
Kommerzienrat Poppe wird auf Beschluß des Gemeinderats das Ehrenbürgerrecht verliehen.
Haushaltsplan 1915
Einnahmen: 587 400 Mark
Ausgaben: 959 400 Mark
Fehlbetrag: 372 000 Mark
Deckung durch eine Umlage von 7 3/4% auf das Grund-, Gefäll-, Gebäude- und Gewerbekataster von 4 150 000 Mark. Als Gemeinde-Einkommensteuer sind 54% der staatl. Einheitssätze zu erheben.

17. 6.
Lehrkurs in Handfertigkeit für verwundete Soldaten wird eingerichtet; Leiterinnen Frl. Alber, Aalen, und Frl. Reuß, Heidenheim.

21. 6.
Der 4. Verwundetentransport bringt 78 Verwundete in die beiden hiesigen Lazarette.
Geheimer Kommerzienrat Zoeppritz stiftet 1 000 Mark zur Erneuerung der Heizanlage in der Kirche Mergelstetten.

22. 6.
Die Schüler der Realschule haben rund 1 400 Bücher für Soldaten gesammelt.

Juli 1915

1. 7.
Der langjährige Leiter (27 Jahre) der Württembergischen Cattunmanufactur, Fabrikdirektor Hermann Poppe, ist aus Gesundheitsrücksichten zurückgetreten.

14. 7.
Kriegsausstellung im Konzerthaus, der Erlös geht an das Rote Kreuz.

16. 7.
Eine Beratungsstelle für Kriegerwitwen wird von Frau Gerichtsassessor Dr. Schmid, Witwe, eingerichtet.

29. 7.
Der Gemeinderat hat dem städt. Elektrizitätswerk die Aufstellung eines Dampfkessels mit Dampfmaschine auf dem Areal der Firma Voith zur Elektrizitätserzeugung genehmigt.

August 1915

2. 8.
Die Opfersammlung für das Rote Kreuz am Mobilmachungsjahrestag ergab 10 353.30 Mark.

4. 8.
Aufruf: Beschlagnahme, Meldepflicht und Ablieferung von fertigen, gebrauchten und ungebrauchten Gegenständen aus Kupfer, Messing und Reinnickel.

14. 8.
Aus den Überschüssen der Oberamtssparkasse werden je 2 500 M der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen und der Zentralleitung für Wohltätigkeit der Kriegsinvaliden-Fürsorge zugewiesen.

16. 8.
Bataillons-Musik vom Ersatz-Bataillon des Res. Inf. Reg. 247 spielt in einem Wohltätigkeitskonzert für die Hinterbliebenen der Gefallenen des Regiments.

September 1915

2. 9.
Die Medaille der König-Karl-Jubiläumsstiffung erhielten:
Wilh. Benz Friedr. Birkmeyer Friedr. Buhmaier
Gottlieb Burr Michael Eberhardt  
Friederike Geißler, geb. Kenntner Martin Groner Rudolf Hering
Maria Gebhardt, geb. Saur Joh. Keck Friedr. Ketterle
Chr. Seizinger, geb. App Joh. Maier Jak. Oettinger
Katharine Theilacker, geb. Moser Karoline Theilacker Christ. Ruof
Walburga Wiedmann, geb. Eberhardt Joh. Schmid Gottlob Schmoll
Rosine Schneider, geb. Ruoff, Witwe Karl Hitzler Joh. Ruoff
Christ. Theilacker, geb. Hammeley Joh. Kolb Martin Theilacker
Wilhelmine Ulmer, geb. Herter Georg Welt Ernst Ringleben
Marie Rommel, geb. Saur    

12. 9.
Dem Ortsgeistlichen wurden in Schnaitheim 20 Mark übersandt um nach Friedensschluß neben der Kirche ein Kriegerdenkmal erbauen zu können.

13. 9.
Der Gemeinderat beschließt die Einführung einer Kriegsarbeitslosenfürsorge für arbeitslose Personen.

15. 9.
Die Dividende der WCM wird für 1914/15 auf 32 Mark per Aktie festgesetzt. Als Aufsichtsrats-Mitglieder wurden gewählt: Geh. Kommerzienrat Fritz Blezinger, Stuttgart, Kommerzienrat Poppe, Heidenheim, Bankdirektor I. Andreae, Berlin.

23. 9.
Die Oberamtssparkasse zeichnet auf die 3. Kriegsanleihe 3 Mill. Mark. 2,4 Mill. sind von Einlagen, den Rest zeichnet die Sparkasse selbst.

Oktober 1915

1. 10.
Heute sind es 50 Jahre, seit das Gaswerk Eigentum der Stadt ist. Das Werk wurde von L. Bareis aus Göppingen erstellt und ging zum Kaufpreis von 63 000 Gulden (108 000 Mark) an die Stadt über.

21. 10.
Die Gemeindekollegien beschließen, die Gemeinderatswahl, die heuer stattzufinden hätte, bis nach Kriegsende zu verschieben.

27. 10.
65 Verwundete werden von dem Bayerischen Hilfslazarettzug Nr. 29 in unsere Stadt gebracht.

November 1915

1. 11.
Das Volksbad wird geschlossen infolge der schwierigen Beschaffung von Heizmaterial.

4. 11.
Der Gemeinderat bespricht Schutzmaßnahmen im Falle eines feindlichen Fliegerangriffs auf die Stadt.

9. 11.
Die Paul Hartmann AG hält Generalversammlung. Ausschüttung einer Dividende von 12%. Der Unterstützungsfonds für Beamte und Arbeiter erhält einen Betrag von 70 000 Mark.

20. 11.
Die auf einem Fabrikgebäude der Firma L. Neunhoeffer und Söhne aufgehängte Glocke wurde den Bedürfnissen des Krieges geopfert. Inschrift der Glocke: Zur Zeit Herrn J. Georg Hepplens Raths und Oberfaktors der Prinzthalwerkern zu Königsbronn ist diese Glocke durch Christian Ginther gossen worden 1713. Die Glocke wog 91 kg und war Eigentum der Stadt.
Hohe Auszeichnungen im Jahr 1915:
Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichs-Ordens mit Schwertern:
Dr. Bürk, Oberstabsarzt und Chefarzt des Festungslazaretts Namur
Hauptmann Behncke Rittmeister Dr. Kurt Ebbinghaus
Hauptmann Walther Voith  
Ritterkreuz 2. Klasse des Friedrichs-Ordens mit Schwertern:
Leutnant Franz Stangelmayer   Leutnant Otto Kicherer
Leutnant d. Res. Dr. Hermann Seiferheld   Leutnant Fritz Pfister
Leutnant d. Res. G. Emendörfer    
Ritterkreuz des Militär-Verdienst-Ordens:
Leutnant Hans Burr
Goldene Tapferkeits-Medaille:
Leutnant d. Res. A. Schaffert Vizefeldwebel Difflipp
Goldene Militär-Verdienst-Medaille:
Leutnant Hugo Wiest   Leutnant Gabler
Unteroff. Karl Benz    
Wilhelmskreuz mit Schwertern:
Generalmajor z. D. früher Kommandeur des Landjägerkorps v. Wiest

21. 11.
Der Ev. Arbeiterverein beging im "Gesellschaftsgarten" sein 25jähriges Bestehen.

22. 11.
Wohltätigkeitskonzert des Feldartillerie-Reg. 13 im Bahnhofhotel.

25. 11.
Albrecht-Dürer-Vortrag von Dr. von Derschau, Kunsthistoriker, Auerbach, zugunsten deutscher Kriegsgefangener und Flüchtlinge.

Dezember 1915

2. 12.
Der Gemeinderat beschließt, auf Weihnachten solche württembergische Soldaten zu beschenken, die von zu Hause keine Gaben erhalten. Es werden weiter 250 Mark gestiftet für das Rote Kreuz in Bulgarien.

10. 12.
Rudolf Pagenstecher aus New York hat an die Firma Voith 5 000 Mark geschickt zur Verteilung an Arbeiter, die vom Krieg hart betroffen sind. (Der Spender verbrachte seine Lehrzeit bei Voith).

11.-14.12.
Ausstellung von Handarbeiten des Handfertigkeits-Unterrichts in den beiden Lazaretten Heidenheims.

12. 12.
Wohltätigkeits-Militär-Konzerte von der Kapelle des Ers. Bat. des Landw. Inf. Reg. 124 Ulm. Der Reinertrag ist für die Hinterbliebenen gefallener Krieger dieses Regiments bestimmt.

21. 12.
Auf die hiesige kath. Pfarrei ist Stadtpfarrverweser Mark in Alpirsbach versetzt worden. Er war 1906/07 hier Vikar; die Investitur ist am 16. 1. 16.

31. 12.
Es erlischt die Konzession für die Viehmärkte. Um Genehmigung für weitere 10 Jahre wird nachgesucht.

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