Heidenheimer Chronik 1916

     

Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | Oktober | November | Dezember


Januar 1916

7. 1.
Die Gemeindekollegien stimmen einer Änderung der Arbeitslosenfürsorge zu. Die neuen Sätze betragen: über 21 Jahre männl.: 1.20 M, weibl. 1.- M, für Haushaltsvorstände 1.80 M.
OBM Jaekle erklärt, daß alle größeren Arbeiten wegen der Kriegsereignisse unter-bleiben müßten. Trotz starker Einnahmeausfälle konnte daher der Etat im Gleichgewicht gehalten werden.

12. 1.
Abschied der kath. Gemeinde von ihrem Seelsorger, Pfarrverweser Kehl.

15. 1.
Die Stadt erhält von der Kg. Regierung des Jagstkreises in Ellwangen die Erlaubnis, am 1. Mittwoch im Mai, am 25. Juli und am 30. November während weiterer 10 Jahre Viehmärkte abzuhalten.

16. 1.
Investitur des neuernannten kath. Stadtpfarrers Mark (der im November 1961 in Riedlingen verstarb).

21. 1.
Für Februar und März werden dem Oberamtsbezirk 600 Ztr. Torf zugewiesen.

27. 1.
Die Speisefettvorräte der Stadt sind vollständig verbraucht. Einziehung von Gegenständen aus Kupfer, Messing und Nickel.

Februar 1916

16. 2.
Zigarrenfabrikant Karl Schultes spendet dem Roten Kreuz anläßlich des 100jährigen Bestehens der Fa. Gebr. Schultes 10 000 M.

26. 2.
Das Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichsordens mit Schwertern wurde verliehen an: Richard Jooß und Heinrich Waegelein.
Frau Elly Heuss-Knapp spricht beim Verein für Fraueninteressen über "Die Neugestaltung des deutschen Wirtschaftslebens durch den Krieg".
Zugunsten des Roten Kreuzes, der Kriegshilfe, der Kriegskrüppel usw. werden verschiedentlich Konzerte, Vortragsabende u. ä. veranstaltet. Es finden mehrere gut besuchte Wohltätigkeitskonzerte von Militärkapellen statt.

März 1916

2. 3.
Nach Heidenheim soll eine Garnison verlegt werden. In Betracht kommen die Olgaschule, die Olgaturnhalle und einige Räume im Webschulgebäude. Die Stadt will Wasser und Licht unentgeltlich zur Verfügung stellen.

8. 3.
Wegen Personalmangels bleibt die Stadtkasse für den Kassenverkehr nur noch von 9-12 1/2 Uhr geöffnet.

9. 3.
Ein Leser des "Grenzboten" stellt aufgrund der Meldungen des Grenzboten fest, daß im Oberamtsbezirk Heidenheim nunmehr 400 Krieger mit dem EK ausgezeichnet wurden.

13. 3.
Das Ritterkreuz 2. Klasse des Friedrichsordens mit Schwertern erhielt Dr. Hermann Voith, Oberleutnant d. Res.

16. 3.
Der Kleinhandelshöchstpreis für 1 Ztr. Kartoffeln wird auf 1.50 M festgesetzt. Auf der Schafweide am Hurdenhaus sollen Kartoffeln angepflanzt werden.
Die Stadt zeichnet für die 4. Kriegsanleihe 100 000 M.

23. 3.
Die Schüler von Heidenheim zeichneten für die 4. Kriegsanleihe 114 512.- M, von Schnaitheim 4 757.- M, bei der Oberamtssparkasse Heidenheim wurden insgesamt 3 Millionen gezeichnet.
Wegen des Rückgangs der Milchanlieferung wird eine Erhöhung des Milchpreises auf 22 Pf vorgeschlagen, es werden Höchstpreise für Schweinefleisch und Wurstwaren festgesetzt.

26. 3. Jahresversammlung des Donau-Brenz-Gaues im Schwäb. Albverein im "Bahnhofhotel".

April 1916

1. 4.
Für erwerbslose Mädchen der Textilindustrie werden hier und in Schnaitheim Kochkurse veranstaltet. Für 20 Pf Kursgeld gibt es das zubereitete Essen. Die Lehrerinnen werden mit 1.50 M/Std. vergütet.

5. / 6. 4.
Das Kriegsmetallgeld wird ausgezahlt.

6. / 7. 4.
Frühjahrskontrollversammlung aller Mannschaften der Reserve, Ersatzreserve, des Landsturms I und II, der reichsgemusterten gedienten und ungedienten Wehrpflichtigen sowie sämtlicher Angestellten und Arbeiter der Firma Voith.

27. 4.
Mit der Molkereigenossenschaft Nattheim wird vertraglich geregelt, daß letztere tägl. 500 bis 800 l Vollmilch und ca. 2 bis 3 Ztr. Butter wöchentlich liefert.

Mai 1916

Mai
Der Veteranenverein 1870/71 besteht 45 Jahre.

4. 5.
Pro Monat gibt es 100 g Feinseife und 500 g andere Seife oder Waschmittel.

11. 5.
Um die Entleerung der Lazarettzüge beschleunigen zu können, werden 15 Tragbahren zu 95,50 M angeschafft. In das hiesige Vereinslazarett resp. Bezirkskrankenhaus werden per Zug angefahren: 23. 2. 98 Verwundete, 24. 5. 66 Verwundete und Kranke von Verdun, 12. 7. 44 Leichtverwundete von Verdun, 31.8. 47 Leichtverwundete aus Verdun, 6.10. als 13. Transport 40 Schwerverwundete aus Siebenbürgen.

25. 5.
Der Milchbedarf (1000 l pro Tag) ist durch Nattheim und Eselsburg gedeckt. Die von der Stadt bezogenen Eier - 100 000 Stück - sollen an die Bewohner unter Ankaufspreis für 18 Pf abgegeben werden, pro Haushalt also 20 bis 30 Stück. Die Teigwarenzuteilung kann die Nachfrage nicht befriedigen. Die Zuteilung beträgt ca. 100 Ztr. im Monat.
Ab 8. 6. erhält jede Familie monatlich 1 kg Teigwaren, bei größerer Kinderzahl mehr.

28. 5.
Unter Vorsitz des Stadtpfarrers Mark wurde nach eingehender Beratung beschlossen, für den Bau einer zweiten kath. Stadtkirche das Gebiet an der Bühlstraße vorzusehen.

Juni 1916

1. 6.
Volksschulrektor Bühle wird zur Ruhe gesetzt.

2. 6.
Besuchsziffern der Höheren Schulen in Heidenheim: Realgymnasium 88, Oberrealschule 322, Mädchenrealschule 235, Elementarschule 83, zusammen 728.
Feilenhauermeister Georg Mailänder wird für den verstorbenen Hutmachermeister Stangelmayer in den ev. und kath. Ortsschulrat gewählt.

3. 6.
Dreifache Siegesfeier einer großen Menge vor dem Rathaus, (Tirol, Ypern und Skagerrak) unter Mitwirkung des Musikalischen Vereins.

4. 6.
Schulfrei wegen der Schlacht am Skagerrak.

8. 6.
Auf Grund einer Eingabe vieler Einwohner wird das Volksbad wieder eröffnet, jeweils von Donnerstag bis Sonntag.
Die Gemeindekollegien Herbrechtingen und Bolheim haben bei der königlichen Kreisregierung Ellwangen Beschwerde eingelegt gegen die Verunreinigung der Brenz durch die oberhalb Bolheim gelegenen Fabriken. Die Ministerialabteilung für Straßen- und Wasserbau schlägt in ihrem Gutachten den Bau einer Versuchskläranlage durch die Stadt für 20 000 M vor. Auf Vorschlag des Vorsitzenden wird einstimmig beschlossen, die Errichtung einer zentralen Kläranlage abzulehnen, da die Industrie ihre Abwässer selbst zu reinigen verpflichtet und bereit ist, und die Errichtung einer Versuchskläranlage abzulehnen, da finanzielle und
technische Gründe dagegen sprechen.

Juli 1916

1. 7.
Rudolf Eberle (Ludwigsburg) übernimmt die Karl-Olga-Apotheke.

4. 7.
Die Oberschulbehörden beauftragen die Schulen, das Sammeln von Brennesseln zu unterstützen. Für 100 kg gibt es 14 M.

16. 7.
Vom Wetter begünstigt fand in Schnaitheim der Jugendturntag des Braunenberg-
Gaues statt. Trotz der Kriegsfolgen versammelten sich mehr als 300 Zöglinge auf
dem Spielplatz.

20. 7.
Der Gemeinderat beschäftigt sich mit der Frage der Herstellung von Dörrobst durch die Stadt. Er ist der Meinung, daß dies am besten in den Haushalten geschehen könne, denen geeignete Apparate gestellt werden müßten.
Ab 1. 8. tritt die Kleiderkarte in Kraft.

27. 7.
Zur Unterstützung der Stadtverwaltung bei der Lebensmittelfürsorge und anderer infolge des Krieges erwachsener Aufgaben bestellt der Gemeinderat einen Kriegsausschuß. Zum 1. 8. wird eine Bekleidungsstelle eingerichtet.

28. 7.
Eintreffen einer türkischen Studienkommission zur Besichtigung der Fa. Voith.

August 1916

16. 8.
Ritterkreuz des Militär-Verdienstordens für Hauptmann Dr. Burkhardtsmaier, Prof. an der Oberrealschule.
Die Goldene Militär-Verdienstmedaille erhielten: am 26. 2. Karl Kläger, am 11. 5. Leutnant Ernst Schneck, am 14. 9. Leutnant Wilhelm Schneck, am 10. 10. Leutnant Richard Kläger, am 11. 10. Vizefeldwebel Christian Unseld.
Der Städtische Hilfsausschuß erläßt einen Aufruf an die Mitbürger. Da seine Mittel erschöpft sind, hat er eine Sammlung von Haus zu Haus beschlossen, um die Familien der Ausmarschierten vor Not zu bewahren.

17. 8.
Verabschiedung des Haushaltsplans. Einnahmen 587 000, Ausgaben 980 000,
Erhöhung der Umlage von bisher 7 3/4% auf 8 1/2%.

September 1916

14. 9.
Hauptlehrer Dongus wird zum Volksschulrektor ernannt.

20. 9.
Schulinspektor Schleh bittet alle Besitzer von Kastanienbäumen und Eichen um die kostenlose Abtretung der Ernte, die von Schülern gesammelt werden könne.

21. 9.
Die Stadt zeichnet für die 5. Kriegsanleihe 25 000 M.

28. 9.
Die Gemeindekollegien billigen den Vertrag zwischen der Stadtverwaltung und der Gerschweiler elektrischen Zentrale GmbH. Danach kauft die Stadt für 45 000 M alle Leitungen und Einrichtungen für die Versorgung von Neu-Bolheim, Wangenmühle, Wundersche Fabrik, Fa. Zoeppritz, Verbandstoff-Fabrik Hartmann und Pumpstation Heidenheim.
Die Selbstwirtschaft des Kommunalverbandes mit Getreide und Mehl brachte 1915 einen Überschuß von 50 000 M, woran Heidenheim mit 19 069 M beteiligt ist. Hierfür wurden Kartoffeln für die Familien Ausmarschierter gekauft.
Die Gemeindekollegien beschließen, daß die Hundesteuer ab 1. 4. 1917 für den ersten Hund 20 M, für den zweiten und jeden weiteren Hund 30 M beträgt.

Oktober 1916

2. 10.
Die König-Wilhelm-Jubiläumssammlung erbrachte in Heidenheim 32 181 M, in Mergelstetten 3 915 M. Aus gleichem Anlaß spenden Kommerzienrat Paul Wulz für Wohlfahrtszwecke 10 000 M und für die städtische Krippe 5 000 M, sowie die Firma Gebr. Schaefer für die Arbeitsunterstützungsfonds 50 000 M.

3. 10.
Für die 5. Kriegsanleihe zeichneten die Schüler des Realgymnasiums und der Oberrealschule 33 022.- M.

6. 10.
Fabrikant Dr. Paul Wulz wird zum Kommerzienrat ernannt.
Anläßlich der 25jährigen Regierung des Landesherrn finden in allen Schulen Königsfeiern statt, die Straßen der Stadt zeigen reichen Flaggenschmuck.

11. 10.
Der in Heidenheim geborene Bildhauer Hermann Lang ist in München verstorben. Er hatte sich vor allem der kirchlichen Plastik zugewandt. U. a. besitzt das Ulmer Münster seinen Ulrich v. Ensingen, die evang. Kirche in Heidenheim seine Gestalt des Auferstandenen, die Stuttgarter Markuskirche sein "Kreuz", die Garnisonskirche in Ludwigsburg einen Christus.

12. 10.
Herr Kommerzienrat Poppe - Ehrenbürger der Stadt - wird anläßlich des
Königsjubiläums mit dem Titel eines "Geheimen Kommerzienrats" ausgezeichnet.

14. 10.
Bei der Landtagswahl wird bei 16% Wahlbeteiligung der Kandidat der offiziellen Sozialdemokratie, Gemeinderat Benz, mit 1 230 Stimmen gewählt.

15. 10.
Die Stadt tritt dem neu zu gründenden Landeswohnungsverein bei. Der Eröffnungssitzung in Stuttgart wohnt OBM Jaekle bei.

16. 10.
Domkapitular Georg Seifritz, erster Stadtpfarrer der kath. Kirchengemeinde Heidenheim, verstarb.

18. 10.
In der Oberamtssparkasse wird die Goldankaufsstelle eröffnet.

26. 10.
Die Gemeindekollegien beschließen, die im Dezember fällig werdende Bürgerausschußwahl bis nach dem Krieg zu verschieben.
Die Gemeindekollegien beschließen eine Bebauungsplanänderung für den Bau einer kath. Kirche, so daß diese etwa in die Achse der Bühlstraße zwischen Alleen- und Hühlenstraße zu stehen kommen soll.
Der Gemeinderat stimmt dem Bebauungsplan für die nach dem Kriege zu bauenden Kleinlandsiedlungen im Gebiet zwischen Giengener Straße und dem Siechenberg zu. 1919 wurden 42 Wohnungen gebaut.

November 1916

1. 11.
Speisefett darf nur noch gegen Buttermarken verkauft werden.
Die Kartoffelversorgung der Stadt scheint für den Winter gesichert bei Zuteilung von 1 Pfund pro Tag und Kopf.

2. 11.
Die Restauration "Zur Eintracht", verbunden mit einer Kriegsküche, wurde wieder
eröffnet.

4. 11.
Die Bevölkerung wird aufgefordert, Bucheckern zu sammeln. Ab 15. 11. darf Käse nur noch gegen Marken verkauft werden (125 g pro Kopf in einem halben Monat).

14. 11.
Der Marine-Opfertag erbrachte in Heidenheim 7 345.25 M.

16. 11.
Fabrikant Paul Neunhoeffer, Senior-Chef der gleichnamigen Firma, wird auf dem Totenberg beigesetzt. Er gehörte von 1890-1912 dem Gemeinderat an und war Ehrenmitglied des Veteranen- und Kriegervereins.

17. 11.
Die evang. Pfarrei Mergelstetten wurde dem Pfarrer Fischer übertragen.

20. 11.
Der Verein Kinderhorte teilt mit, daß in den beiden Horten für die Kleinen und den beiden Kleinkinderschulen z. Z. 128 Kinder sind. Knaben 75, Mädchenhort 80-90.
Im August wurde ein Ferienhort für 70 schwächliche Kinder mit Waldspaziergängen eingerichtet.

27. 11.
Amtsversammlung im Rathaus unter Vorsitz von Oberamtmann Dr. Springer. Rückwirkend ab 1. 6. werden die Verpfl.-Sätze beim Bezirkskrankenhaus erhöht.
Der Bezirksrat beschließt die Verstaatlichung des Katastergeometerwesens.

28. 11.
Die Goldsammlung erbrachte bis jetzt in Heidenheim 11 400 M.

Dezember 1916

1. 12.
Zur Sicherung des Milchbedarfs wird die Heraufsetzung des Milchpreises auf 24 Pf beschlossen.

7. 12.
Schulfrei zur Würdigung der Eroberung von Bukarest. Die Stadt prangt im Flaggenschmuck, gestern abend ertönte Glockengeläute.

9. 12.
Die Stadt tritt dem zu gründenden "Südwestdeutschen Kanalverein für Rhein, Donau und Neckar" als Mitglied bei.

13. 12.
Es werden nur noch die ganznächtig brennenden Straßenlaternen angezündet.

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