Heidenheimer Chronik 1934

     

Januar | Februar | März | April | Mai | Juni | Juli | August | September | Oktober | November | Dezember

Januar 1934

Jan.
Dr. Kurt Bittel war Leiter der deutschen Ausgrabungen in der Türkei. 3. Nachkriegsunternehmung in Boghazköy, dem alten Chattusa, der Hauptstadt des Hethiterreiches.

5. 1.
Fabrikant Otto Heim tritt in den Ruhestand. Mitinhaber der Firma Ploucquet. 1879 Kaufm. Lehrling bei Ploucquet, 1885 Rich. Jooß sen. erteilt ihm Prokura, 1899 Leiter der Firma, 1909 Teilhaber zusammen mit Rich. Jooß sen., Kirchengemeinderat der Ev. Kirche. Maßgeblich beteiligt beim Bau des ev. Gemeindehauses.

9. 1.
Anmeldung der Schulneulinge bei den Volksschulen:
  Knaben Mädchen
Ev. Volksschulen: 103 113
Kath. Volksschule: 32 37
Es befinden sich im ersten Schuljahr:    
Ostschule:3 Klassen    
Bergschule: 2 Klassen 112 108
Kath. Schule: 24 18
In Schnaitheim wurden angemeldet: 34 51
Es befinden sich im ersten Schuljahr: 35 39

Februar 1934

Feb.
Vor 100 Jahren wurde in Heidenheim die erste Gasfabrik eingerichtet.

2. 2.
Auflösung der Moorgenossenschaft Schnaitheim: Gegründet zur Entwässerung des Geländes zwischen Heidenheim und Schnaitheim. Übernahme der Aufgaben durch die Stadt.

19. 2.
Eingliederung der evang. Jugend in die Hitlerjugend.

20. 2.
Neue Amtsbezeichnungen nach der neuen Kreisordnung: Kreiswohlfahrtsamt, Kreissparkasse, Kreisgeometer, Kreisstraßenmeister, Kreisbaumeister.

22. 2.
Heimat- und Altertumsverein: Alfred Meebold schenkt die gesamte Indische Sammlung vorbehaltlos dem Verein. Med.-Rat Dr. Werner Walz wird Vorsitzender an Stelle des aus Gesundheitsrücksichten zurückgetretenen Prof. Gaus.

23. 2.
Gemeinderat beschließt Ausbau des großen Rathaussaales.
Weihe eines Gefallenen-Ehrenmals in der Gewerbeschule, Entwurf: Gewerbelehrer Geiger, "Stehender Frontsoldat". Von der Schule sind gefallen: 1 Lehrer, 20 Schüler.

26. 2.
Glockenweihe auf dem Totenberg: (Auftakt zum Heldengedenktag) Stiftung einer Gedächtnisglocke für die Peterskirche durch die Familie Waldenmaier und durch den Frontkämpferbund. Glockenguß in der Firma Waldenmaier, 225 kg Gewicht, Bronze, Ton ,,Dis 2 gestrichen", 0,8 m hoch. Fackelzug der Verbände zum Totenberg.

März 1934

Frühjahr
Steinzeit-Funde am Ottilienberg. Freilegung eines von Osten nach Westen verlaufenden Grabens (röm. Befestigungsanlage). Probegrabungen an einer Halbgrotte im Garten des Herrn Dollinger ergaben Funde aus dem Diluvium (Mammutknochen). In der Halbgrotte wurden Knochen und Steinwerkzeuge, ebenso Holzkohlenreste gefunden. Die Knochenfunde stammen vom Nashorn, Rentier, Riesenhirsch, Wildpferd, Mammut, Polarfuchs und von kleineren Nagern. Der Fund eines Pantherknochens ist der erste in Württemberg. Vom Höhlenbären fand man 2 Reißzähne und Kieferteile. Die Grabungen werden fortgesetzt.

2. 3.
Hundert Jahre Realschule: 1834 Gründung einer privaten Realschule in der Grabenstraße. Reallehrer Reusch unterrichtete 11 Schüler.

4. 3.
Oratorienverein: In der Pauluskirche Oratorium "Der Messias" von Händel, Leitung: Richard Süßmuth.

10. - 19. 3.
Braune Messe (Verkaufsmesse) im Konzerthaus. Vom 1. Oktober 1933 bis 31. März 1934 besuchten 4 990 Fremde die Stadt. In der gleichen Zeit wurden 5 472 Übernachtungen registriert.

18. 3.
Feier zum 25jährigen Bestehen der Handelsschule. Leitung: Handelsschulrat Arnholdt.

31. 3.
Überführung des Bezirkswohltätigkeitsvereins in die NS-Volkswohlfahrt und Auflösung des Vereins. Übergabe des Vermögens von rund 10 000 RM an die NSV. Nahezu 25jähriges Bestehen.

April 1934

April
Heidenheim baut 50 Wohnungen: Voithsiedlung, 10 Häuser für 125 000 RM; Randsiedlung, 20 neue Siedlerstellen; Gemeinnützige Baugesellschaft, 20 Mietwohnungen.

1. 4.
Stadtetat enthält Abmangel in Höhe von 560 000 RM, 17% Umlage. Mittel für Arbeitsbeschaffung: Tiefbauamt: 200 000 RM, Hochbauamt: 50 000 RM, Bauprogramm und Baugesellschaft: 250 000 RM, Heeräckerneubauten: 200 000 RM. Schulden am 1. 4.: Stadt 2 748 836 RM, Städt. Betriebswerke 134 400 RM.

19. 4.
Ernennung der Volksschauspiele zur Landschaftsbühne durch den Präsidenten der Reichs-Theaterkammer.
Hauptlehrer Erwin Koch wird anstelle von Rudolf Eberle Obmann des Donau-Brenz-Gaues im Schwäb. Albverein.

20. 4.
Auflösung des Stadtverbands für Leibesübungen. Er wurde 1922 gegründet. Bildung eines Ortsführerrings.

26. 4.
Amtseinsetzung des neuen Schulvorstandes des Realgymnasiums und der Oberrealschule Oberstudienrat Dr. Honold durch Ministerpräsident Mergenthaler.
Die Lehrlinge wurden feierlich losgesprochen. Der Brauch wurde wieder eingeführt.

30. 4.
Prof. Eugen Gaus, Ehrenbürger der Stadt, 2 Tage nach Vollendung seines 84. Lebensjahres gestorben. 28. 4. 1850 in Fridingen geboren, seit 4. 1. 1898 Realschule in Heidenheim. Besondere Verdienste um die Heimatforschung. 1901 Einweihung der unter seiner Leitung entstandenen Altertümersammlung (Heimatmuseum, Schloß Hellenstein). 1909 Ruhestand, Arbeiten auf dem Gebiete der Geologie. 1924 Mitbegründer der Heidenheimer Volksschauspiele (1. Vorsitzender).
Umstellung des Konsumvereins in eine Verbrauchergenossenschaft Heidenheim und Umgebung.

Mai 1934

1. 5.
Zur Mai-Feier wird am Vortag der Maibaum eingeholt und auf dem Eugen-Jaekle-Platz aufgestellt.

3. 5.
Arbeitsgemeinschaft zwischen TV 1846 und VfR 1911 : Übergangslösung bis zur vollständigen Verschmelzung. Gemeinsame Übungsstunden und Sportveranstaltungen.

17. 5.
Wirtschaftsminister Dr. Lehnich in Heidenheim. Besichtigung größerer Industriewerke. Besprechungen mit Persönlichkeiten der Wirtschaft. 60% der Beschäftigten im Kreis in der Wirtschaft und im Handel tätig. 27% in der Land- und Forstwirtschaft. Heidenheim zählt nur noch 5 Wohlfahrtserwerbslose und 99 andere Unterstützungsempfänger. In der Heidenheimer Industrie sind 8 242 Arbeiter und 1 498 Angestellte beschäftigt.

27. 5.
25jähriges Jubiläum der Weckerlinie. Bezirksfeuerwehrtag. Angriffsübung auf Schloß Hellenstein, Festabend.

Juni 1934

2. - 4. 6.
Reit-, Spring- und Fahrturnier des Reitervereins. 3 000 Besucher, Dressurprüfungen (Juniorenspringen, Jagdspringen, Paarspringen, Eignungsprüfungen für Wagenpferde).

17. 6.
Uraufführung des Heldenspiels "Totila" von Wilhelm Kube im Naturtheater mit 400 Mitwirkenden.

23. 6.
Heidenheimer Kinderfest als "Deutsches Jugendfest" gefeiert. Samstag Vormittag: Wettkämpfe der Schuljugend, Nachmittag: Festzug der Schulen, Abend: Sonnwendfeier auf dem Galgenberg.

26. 6.
Erste Kreistagssitzung. Landrat Dr. Fetzer sprach über Bedeutung und Aufgaben des neuen Kreistages. Die Stadt erhält von den 25 Sitzen im Kreistag 5 Sitze.

27. 6.
Direktor Fritz Rau, Firma Voith, gestorben. 1875 in Giengen geboren, seit 1900 Ingenieur für Betriebseinrichtungen bei Voith, Nachfolger Dr. Kissels.

Juli 1934

1934 / 1935

Renovierungsarbeiten durch den Staat auf Schloß Hellenstein: Instandsetzung des nordöstlichen Eckturms und der gesamten Nordfassade. Bau einer Brücke zum großen Haupttor an Stelle der Zugbrücke.

Das "Lärmstück" auf Schloß Hellenstein gehört der Stadt: Das auf Hellenstein stehende Geschütz wird schon 1618 erwähnt. Bei Feuersgefahr und in Kriegszeiten bei anrückendem Feind wurde die Bürgerschaft durch Lärmschüsse gewarnt und alarmiert. 1846 wurde das Stück in den Ruhestand versetzt, 1868 von der Stadt gekauft.

1. 7.
Württembergische Cattunmanufactur: Dividende 10%. Fabrikneubau 1934 errichtet, ebenso Fa. Ploucquet und Fa. Piltz.

August 1934

Sommer
Siedler- und Kleingärtnerbund Schnaitheim nimmt Tätigkeit auf. 1936 Satzung, 1. Vorstand A. Ruoff.

3. 8.
Reichspräsident Generalfeldmarschall von Hindenburg gestorben (Ehrenbürger der Stadt). Beileidstelegramm von OBM Jaekle.

9. 8.
Dr. Emil Seydel, Berlin-Steglitz, in Unteruhldingen/Bodensee gestorben. Ministerialrat und Landesoberfischermeiser. Gebürtiger Heidenheimer.

19. 8.
Volksabstimmung über die Vereinigung des Amts des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers, das Hitler innehat.
Volksabstimmung:
  Stimmberechtigt abgest. in % ja nein ungültig
Heidenheim 15 046 14 620 97 13 411 1 012 197
Mergelstetten 1 364 1 364 100 1 290 47 27

25. / 26. 8.
Turn- und Sportverein Schnaitheim: Feier des 60jährigen Bestehens. Schaffung des Sportplatzes auf dem Oldenberg.

26. 8.
Heidenheim im Zeichen der Gärtnertagung: Ausstellung, Tagungen der Fachgruppen, Begrüßungsabend im Konzerthaus mit einer Ansprache des Landesbauernführers Arnold auf einer öffentlichen Kundgebung.

September 1934

5. 9.
Bezirksschulamt: Neueinteilung der kath. und evang. Volksschulen des Kreises. Das Bezirksschulamt umfaßt jetzt 39 Schulorte mit 203 Lehrerstellen und 20 Fachlehrerstellen. Die Gesamtschülerzahl dieser Schulen beträgt: 8 950 Schüler. Bezirksschulrat: Hentz.

8. 9.
Das Postgebäude im neuen Gewande: Neugestaltung der Schalterstellen. Erweiterung der Dienststellen. Äußere Renovierung. Erbaut 1896 bis 1897. 1932 Renovierung und Umbau begonnen. Spätdienstschalter eingerichtet.

15. 9.
Werbeveranstaltung für Leichtathletik und Handball auf dem VfR-Platz. Mannschaftskampf: Ulmer Fußballverein gegen eine Heidenheimer Stadtmannschaft.
70 Jahre Eisenbahn Aalen-Heidenheim.

16. 9.
Abschluß der Spielzeit im Naturtheater: 17 Spiele des Jahres mit 40 000 Besuchern. Letztes Spiel des Jahres war das 170. Spiel seit Bestehen.

24. 9.
Abschluß der Feuerschutzwoche mit Hauptübung des gesamten Feuerwehrkorps und den Sanitätsmannschaften.

27. 9.
Gemeinderat beschließt Einrichtung einer Jugendherberge im Schloß.

28. 9.
Erntedankfest: Festzug mit Beteiligung aller Organisationen, Beflaggung der Stadt, Erntedankfeiern in den Schulen, Festabzeichen zum Erntedank. Schlossermeister Paul Wiedenmann übernimmt die 1869 gegründete Firma Adolf Wiedenmann von seinem Vater.

Oktober 1934

Okt.

Ausstellung "Das schaffende Dorf" in der Zoeppritzhalle Mergelstetten. Der Kleintierzüchterverein und der Obst- und Gartenbauverein werden gegründet.

1. 10.
Flugtag mit Wolf Hirth. Motorflug, Kunstflüge mit Segelflugzeugen. Vortrag von Wolf Hirth. 1 000 Zuschauer und Zuhörer. Auf den Heeräckern wird die SA-Sportschule aus Mitteln der Stadt erstellt.

5. 10.
Auflösung des Gewerbe- und Handelsvereins. 1838 Gründung. Eingliederung der Mitglieder in die NS-Organisationen geschah schon 1933. Das Vermögen übernimmt die Kreishandwerkerschaft.

24. 10.
Fabrikant Josef Waldenmaier gestorben. 1879 in Heilbronn geboren. 1904 Übernahme der Gelbgießerei seines Onkels Johannes Erhard. 1913 neue Armaturenfabrik in der Meeboldstraße erstellt.

30. 10.
Heidenheim senkt Steuerlasten. Beschluß des Gemeinderats: Herabsetzung der Bürgersteuer von 500% auf 400%. Senkung der Katasterumlage von 17% auf 16%.

November 1934

12. 11.
Heidenheim ehrt Friedrich Schiller. 175. Wiederkehr von Schillers Geburtstag.

15. 11.
Verbindliche Fleisch- und Wurstpreise:
Schwartenmagen 500 g 0,70 RM
Preßwurst 500 g 0,80 RM
Schinkenwurst 500 g 1,- bis 1,10 RM
Rote Wurst Stück 0,12 RM
Rindfleisch 500 g 0,80 RM
Schweinefleisch 500 g 0,90 RM
Schweinekoteletts 500 g 1,- RM
Kalbfleisch 500g 0,85 RM
Schweineschmalz 500 g 1,- RM

Dezember 1934

1. 12.
30 Jahre Schwimmverein 1904. 1914, vor Kriegsausbruch 190 Mitglieder. 1927, 280 Mitglieder. Der Turnverein 1846 meldet die Neuanlage des Turn- und Spielplatzes an der Steinheimer Straße durch freiwilligen Arbeitsdienst der Mitglieder.

7. 12.
Letzte Inschrift aus der Römerzeit gefunden: In der Altertümersammlung in Stuttgart befindet sich ein römischer Stein aus dem Jahr 260 n. Chr., der im Oberamt Heidenheim gefunden wurde. Es ist dies das letzte Datum aus der Römerzeit.

8. 12.
Dr. Bruno Heinrichs wird Vertrauensmann der Albvereins-Ortsgruppe.

31. 12.
Paul Hartmann AG: Für 1933 werden 6% Dividende auf die Vorzugsaktien und 3% Dividende auf die Stammaktien verteilt. Fabrikneubau 1934 errichtet.

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